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Title EMR
Originaltitle: EMR: Swallow your fear
Regie: James Erskine, Danny McCullough
Darsteller: Adam Leese, Jemma Walker, Anthony Azizi, Gil Bellows, Kate Buffery
Erscheinungsjahr: 2004
Land: UK
Stichwort: Epilepsie, Anfälle, epileptischer Anfall
Release: 08.03.2004

Handlung
Da Adam Jones an einer unkontrollierten Epilepsie leidet, lebt er allein mit seinen Katzen. Nach Einnahme eines mysteriösen, neuen Antiepileptikums, das seine Epilepsie "heilen" soll, bekommt er Anfälle, Bewusstseinsausfälle, Horrorvisionen. Er glaubt sich Opfer einer Verschwörung. Die Pharmaindustrie steckt anscheinend dahinter. Mithilfe einer Internetbekanntschaft will Jones sich daraus befreien.



Weitere Info
Aufgenommen in die Filmliste "Epilepsie im Spielfilm" von Friedhelm C. Schmitt, siehe auch www.medizin-im-film.de

"Nach einem heftigen epileptischen Anfall wacht (Jones) in einem mit Blut gefüllten Swimming Pool in Mexiko auf. Offensichtlich hat man ihm eine Niere entnommen, aber ehe er sich darüber Gedanken machen kann, kollabiert er erneut und wacht wieder in seiner Heimat England auf. Ein Strudel seltsamer Ereignisse nimmt seinen Lauf und nur nach und nach lüftet sich für Adam ein unglaubliches Komplott gegen seine Person." http://www.moviepilot.de/movies/emr-swallow-your-fear

Eine extreme Form von Epilepsie

"Der Epileptiker Adam Jones verbringt die meiste Zeit im Internet, wo er sich über diverse Verschwörungstheorien informiert. Als er während mehrerer Anfälle an immer anderen Orten aufwacht und sein Alltag immer mysteriösere Züge annimmt, glaubt Adam, Teil eines gigantischen Komplotts zu sein, in dessen Verlauf sich alles und jeder gegen ihn verschworen zu haben scheint." http://www.ofdb.de/plot/83198,255545,EMR---Swallow-Your-Fear

Solche und ähnliche Kommentare finden sich wiederholt im Internet. In ihnen tauchen die Hauptelemente des Films auf - und auch deren bis zum Ende durchgehaltener Mangel an Sinnzusammenhang. Dass Adam Jones "Epileptiker" ist, erfährt der Zuschauer eigentlich direkt nur durch eine Aktennotiz, die eine Ärztin Adam vorliest: "Epileptiker, vor 10 Jahren vom Fahrrad gefallen.........."
Adam selbst zählt folgende Symptome seiner Krankheit auf: Kopfschmerzen, Black outs, Angstattacken, Verfolgungswahn.
Adams Mutter fragt am Telefon ihren Sohn: "Hast du wieder diese Anfälle? Hilft die neue Medizin überhaupt nicht mehr?"
Dem Zuschauer werden sehr viele, sehr verwirrend, sehr zusammenhanglose Anfallsepisoden gezeigt:
Bei Flackerlicht fällt Adam um und zuckt am ganzen Körper. In Grossaufnahme sieht man seine Hand zucken. Dann folgen Horrorvisionen.
Eines morgens aufwachend stellt Adams fest, dass er sich in der Mundhöhle und an der Lippe verletzt hat, anscheinend durch einen „Zungenbiss“
Für den totalen "Black out" wird sekundenlang eine gleissend weisse Fläche gezeigt. Diese kehrt verschiedentlich bei Adams Totalanfällen wieder.
Ansonsten bestehen Adams Anfälle in lautlosem Umfallen, in Bewusstlosigkeit und Visionen. Diese machen sosehr das Herzstück des Films aus, dass man versucht ist, den ganzen Film als eine wirre Folge von Visionen zu begreifen. Das Ende klärt dann auch nicht darüber auf, ob der Lagerarbeiter Adam Jones alles nur geträumt hat, ob dem Zuschauer die Visionen eines unbekannten Protagonisten vorgeführt wurden, in denen ein gewisser Lagerarbeiter Adam Jones Visionen hat oder ob der klaustrophobisch nur im Internet noch lebende Lagerarbeiter Adam Jones 6 Monate lang im Koma gelegen hat, aus dem ihn die Ärzte trotz des experimentellen Anti-Epileptikums Protex-E nicht haben wecken können.
Der Film befasst sich nicht mit dem Schicksal eines jungen Mannes, den seine epileptischen Anfälle immer wieder aus der Bahn werfen. Er scheint ein Komplott erzählen zu wollen, dass eine skrupellose Farmafirma gegen ahnungslose „Versuchskaninchen durchführt. Er schildert aus der Innensicht eine psychotische Persönlichkeit, die sich selbst isoliert und ein Leben in Wahnbildern führt. All diese möglichen Szenarien werden zum Schluss nicht zu einer Lösung gebracht sondern bleiben nebeneinander bestehen. Einzelnen Szenen haben eine gewisse Suggestivkraft, aber keine kann wirklich überzeugen.
Bleibt die Frage nach dem Interesse der Filmemacher am Verlauf der Krankheit, die als treibende Kraft der Episoden und Ereignisse angesehen werden kann.
In zwei aufgezeichneten Gesprächen, an denen die beiden Regisseure James Erskine, Danny McCullough der Produzent George Calil und der Hauptschauspieler Adam Leese teilnehmen, geben die Verantwortlichen für das Filmprojekt ausführlich Auskunft über ihre Ziele und Pläne.
Sie beschäftigen sich dabei aber fast ausschliesslich mit der Frage, wie schwer und verdienstvoll es ist, mit viel zu wenig Geld einen ehrgeiziges Filmprojekt durchzuführen.
Zur Epilepsie äussert sich der Darsteller von Adam Jones, um den Ernst seiner Vorbereitungen auf die Filmrolle kenntlich zu machen: „Um mich vorzubereiten, habe ich mich über Epilepsie erkundigt……… Adam hat eine extreme Form der Epilepsie, er fällt ins Koma. Er hat den Schock des Anfalls und fällt danach sofort wieder ins Koma. ……..“ Regisseur: „Wir haben auch sehr genau über Epilepsie recherchiert. Menschen, die diese extreme Form von Epilepsie haben, berichteten mir genau diese Symptome………“
Sosehr der ganze Film also als „authentischer“ Fall einer Epilepsie dargestellt wird, so wenig hat die Filmfigur am Ende mit dieser Krankheit zu tun. Sie ist für die Erzählung insgesamt aber unverzichtbar; denn nichts anderes als eine Reihe von Anfällen – welcher Natur auch immer – bildet den sinnvollen Zusammenhang eines in sich nicht stimmigen Filmgeschehens.
(stefan heiner)

Epilepsie in Thrillern und Horrorfilmen

Hitchcock kommt in seinem Gespräch mit Truffaut immer wieder darauf zurück, ihn interessiere mehr das „Wie“ einer Szene und eines Films als das „Was“. Sehr treffend trägt das ganze Buch ja auch im Deutschen und Amerikanischen den Titel: „Mister Hitchcock, wie haben sie das gemacht?“
Mindestens ebenso gerne kommt Hitchcock auf die scheinbar widersprüchliche Seelenlage von Produzenten und Konsumenten der „suspense“ zu sprechen, dass Horror nämlich Freude am Schrecken bedeutet.
Indem er Horror erzeugt, gesteht Hitchcock schliesslich, gehe er eigentlich nur einem Gewerbe nach, das ihm selbst nichts anhabe. „Wirklich, am liebsten würde ich nachher darüber lachen……………“ (Goldmann Verlag, S. 202)
Alle drei Einstellungen zum „Horror“, die vermutlich von vielen Fans des Genres geteilt werden, sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man das Vorkommen „epileptischer“ Phänomene und Persönlichkeiten zu analysieren denkt. Der Horrorfilm ist vielleicht das einzige Medium, in dem Epilepsie nicht ernst genommen wird, sie vielmehr nahezu ausschliesslich als ein Mittel zum Unterhaltungszweck ist. Hitchcock merkt an, ihm gehe es darum, „eine ernsthafte Geschichte mit Ironie zu erzählen.“. Und deswegen komme es oft vor, dass er und seine Mitarbeiter sich fragten: „Wäre es nicht amüsant, wenn er auf diese Weise umgebracht würde?“ (Goldmann Verlag, S. 196)
Dass die meisten Horrorfilme nicht einmal um die „ernste Geschichte“ bemüht sind, dass der „plot“ beliebig wird, unterscheidet vermutlich die Meisterwerke von der Durchschnittsware. Gemeinsam dürfte beiden das Bemühen um Ironie sein, die unzweifelhaft in „intellektuellen Sadismus“ abgleiten kann, wie Truffaut anmerkt. (Goldmann Verlag, S. 197)
Dass dies so ist, hat unglücklicherweise für die Betroffenen damit zu tun, dass sich die Zuschauererwartungen „rund um die Epilepsie“ auf den Schrecken, das Drama, den Tod und die Tragödie konzentrieren. Ob Schicksale oder Episoden –nichts leichter als daraus Schrecken zu destillieren. In ihren Erwartungen scheinen Kinogänger zudem höchst weitherzig zu sein. Auch noch das Unwahrscheinlichste geht dabei als „epileptisch“ durch. Und umgekehrt, ist „Epileptikern“ im Horrorfilm alles zuzutrauen.
Der einzige Trost in diesem für korrekte, sympathisierende Darstellung der Krankheit kaum zugänglichen Filmgenre ist der mangelnde Ernst, den der Horrorfilm seinen Fans geradezu abverlangt. Wirklich geht es ihm jeweils nur um das „Wie“ der Inszenierung des Schreckens. Die Rezensionen insbesondere auf Fanseiten sind dann auch selten auf die Realität der Szenen als auf den Vergleich mit vergleichbaren Szenen anderer Horrorfilme konzentriert. Welche schreckt am besten? Welche lässt am wenigsten die filmischen Tricks erkennen, durch die sie entstanden ist? Welche war noch nie so zu sehen?
Eine Chance aus der „Trickkiste“ der Horrorfilm-Produzenten verbannt zu werden, hat bzw. hätten Phänomene mit Anklängen an Epilepsie nur, wenn sie niemand schrecken könnten. Solange sich die Zuschauererwartung unbelehrt auf Epilepsie als die Krankheit mit den entsetzlichen Erscheinungsformen richtet, dürfte sie ihre Rolle im Horrorfilm ebenso gut spielen wie Blut und Sex.
(stefan heiner)


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