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Title Vincent will Meer
Originaltitle: Vincent will meer
Regie: Ralf Huettner
Darsteller: Florian David Fitz, Karoline Herfurth, Heino Ferch
Erscheinungsjahr: 2010
Land: Deutschland
Stichwort: Tourette-Syndrom, Psychose, Magersucht, Heim, Anstalt, Tics
Release: 02.04.2010

Handlung
Vincent leidet am Tourette-Syndrom und wird nach dem Tod der Mutter von seinem vielbeschäftigten Vater ins Heim gebracht. Dort lernt er die magersüchtige Marie kennen. Beide reissen aus, um ans Meer zu fahren. Dabei erwischt sie der psychotische Zimmergenosse Alexander, der sich ihnen anschliesst. Vicents Vater und die Anstaltspsychologin Dr. Rose nehmen die Verfolgung auf. Am Ende sind alle sozusagen geheilt und friedlich vereint.


Weitere Info
Nicht die Therapie befreit vom Leiden sondern die Befreiung von der Therapie bringt das Ende der Leiden. Nicht der Therapeut verschreibt die Therapie sondern das Leben therapiert den Therapeuten.
Diesem wie ähnlich unterhaltsamen Filmen über Ausreissen als Heilungsprozess liegt das mittlerweile abgenutzte Schema zugrunde, dass Einrichtungen krank machen und Kranke das Leben meistern lernen, wenn sie endlich anfangen, unbehindert zu leben. An diesem Schema ist ja manches Wahre. Die italienische Psychiathrie-Reform beruht nicht zuletzt auf dieser Erfahrung und hat viel Gutes bewirkt - aber auch mit den Jahrzehnten viel berechtigte Kritik erfahren. Ganz wichtig: Die "Befreiung" nutzt nichts, ja kann zur Katastroph führen, wenn anstelle der Institution die "Freiheit" eintritt ohne Unterstützung, ohne Perspektive, ohne Auffangnetz.
Dem Kinobesucher suggeriert das Schema im Grund nur: Wir "befreien" die Behinderten, und andere - nicht selten liebende Frauen - kümmern sich um sie. Für Dich, lieber Kinobesucher hat das Bangen, wie es denn in der Freiheit mit unseren Helden weitergeht, mit dem "The End" ein Ende.
Mittlerweile aber gibt es Vorschläge, die behinderten und kranken Menschen mehr bieten als ein erneuter Ruf nach den Institutionen und dem Staat. Klaus Dörner zeigt sie z.B. in seinem Buch "Helfensbedürftig. Heimfrei ins Dienstleistungsjahrhundert" (Paranus-Verlag, 2012) auf. Besuchern von Filmen wie "Vincent" oder auch "Ziemlich beste Freunde" (2011, siehe dort), die das Befreien von Behinderten mittels inkompetenter Befreier publikumswirksam auf die Spitze treiben, sind die Lektüre des Buches ans Herz gelegt. Die dort formulierte Utopie hat den Vorteil "praktisch" und nicht rhethorisch zu sein.

Unterhaltungsfilme mit übereinfach befreiten Behinderten vergällen einem regelmässig die Freude daran zu sehen, wie die irrationale Vernunft der Institutionen konfrontiert wird mit den verständlichen Wünschen der Betroffenen. Am ärgerlichsten in diesem speziellen pseudo-aufgeklärten Therapiespiel ist die Wandlung von Vincent's Vater vom autoritären Monster an Gefühllosigkeit zum liebenden Vater und potentiellen Liebhaber einer tatsächlich hilflosen Psychologin. Ging es nicht um Vincent und sein Meer? Nein, am Ende wirklich gut weg kommen mal wieder nur die "Normalen".

Der Verdacht liegt nahe, dass sich der Film einer Gruppe cineastischer Zivis verdankt, die ihre Begeisterung für den immerhin noch revolutionären Film "Einer flog übers Kuckucksnest" auf Deutsch übersetzen wollten und keinen "Chief" mitspielen zu lassen wagten, der - pars pro toto - den Waschblock der Zwangsanstalt aus seinen Fundamenten hebelt. Dem Monster zur Psychologin zu verhelfen ist wahrlich kein Programm, das der Behinderung würdig ist.



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