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Title Honig im Kopf
Originaltitle: Honig im Kopf
Regie: Til Schweiger
Darsteller: Til Schweiger, Dieter Hallervorden, Emma Schweiger
Erscheinungsjahr: 2014
Land: Deutschland
Stichwort: Alzheimer-Krankheit, Demenz
Release: 00.00.0000

Handlung
Opa Armandus verliert seine Frau und verfällt der Altersdemenz. Seine Enkelin ermöglicht es ihm, nocheinmal sein geliebtes Venedig zu besuchen.


Weitere Info
Für sein wiederholtes Bemühen, Krankheit und Behinderung in den Mittelpunkt eines unterhaltsamen und publikumswirksamen Films zu rücken, kann man Til Schweiger nur dankbar sein. So recht von Herz und Verstand kommt dieser Dank aber nicht. Der Erfolg gibt ihm scheinbar recht. Scheinbar, weil seine Filme nicht Krankheit und Behinderung sondern deren bizarre Auswirkungen auf den Alltag "in den Mittelpunkt" stellen.

"In Deutschland erreichte Honig im Kopf 7,19 Millionen Kinobesucher. Damit ist die Komödie der erfolgreichste im Jahr 2014 gestartete Kinofilm und belegt den 6. Platz der erfolgreichsten deutschen Filme in der Bundesrepublik seit 1968.[7][8] Das internationale Einspielergebnis liegt bei über 60 Mio. Euro.[9]"

Gegen den Strom der positiven Kritiken rezensiert Joachim Kurz:
http://www.kino-zeit.de/blog/b-roll/die-vergebliche-gnade-des-vergessens-die-kino-zeit-de-kolumne

Da hier viel über Schweigers kommödiantische Erfolge trotz trauririger Thematik gesagt wird, möchte ich ausführlich aus dem Artikel zitieren.

Venedig zu verkitschen und touristisch herzurichten ist eine lässliche Sünde. Die Stadt kann das vertragen. Betroffene und Betreuer von Patienten mit Altersdemenz kann aber kaum trösten, dass zum soundsovielten Mal Vergessen als Zentralproblem von Alzheimer Krankheit ausführlich beschrieben wird, dass wir nun ein neues Schlagwort haben auf die Frage "Wie fühlt sich das an?", dass Mit- und Umwelt eingeteilt werden in solches, die dementes Verhalten mit Spass in ihren Alltag einzubauen verstehen und solche, die den Dementen in eine Anstalt verbannen möchten.

Masstab wird die Enkelin von Amandus, Tilda Rosenbach. In ihrer Gegenwart wechselt das Verhalten von unzumutbar, gefährlich, bizarr zu einfach lustig. Tilda sagt eigentlich zu allem. Ach Opa. Das mag einem Kinobesucher einleuchten, jemand, der versucht mit einem solch bizarren Patienten zu leben, wird das Lachen vergangen sein.

Schweiger-Film profitieren von diesem gut gemeinten Abstand zwischen "Einmal" und "Immer-wieder". Letzteres wird von ihm ja auch gut genutzt, um mit haaresträubenden Episoden die Handlung vorantreiben bzw. ihrem vorhersehbaren Ende entgegentreiben. Die Wanderung von Bozen bis Venedig ist eines davon. Peinlich ist auch die Selbstverständlichkeit mit denen zwei "Pärchen" im gleichen Luxushotel absteigen und sich zufällig an einem der Kanäle treffen.

Ärgerlich finde ich die Selbstgenügsamkeit, mit der Schweiger in seinem Audiokommentar zwar Episoden mit Alzheimer Patienten als authentisch aufzählt, aber kein Wort über eine minimale Recherche zu diesem heiklen Thema verliert. Darf jetzt jeder Drehbuchautor und Filmregisseur ungehemmt als Information verkaufen, was er irgendwo aufgeschnappt hat?

Notate zum Audiokommentar von Scheiger und seiner Co-Autorin
Schweiger war gegen den Titel, weil er ihm "zu arthausig" erschien. Die Filmautoren sind stolz darauf, dass ihr Titel "eine richtige Bedeutung" bekommen hat. Sie fragen sich nicht einen Moment, ob der auch zur Krankheit passt.

Schweiger geht anscheinend viel ins Kino und guckt sich passende Szenen zur Altersdemenz bzw. Zerstreutheit an. Folgende Szenen wirken kopiert oder besser inspiriert:
Eine demente (oder altersbedingt zerstreute) Person setzt zurück bzw. dirigiert das Zurücksetzen und richtet dabei beachtlichen Schaden an: „Speriamo che sia femmina“ (Mario Monicelli,1986), „Driving miss daisy“ (Bruce Beresford, 1989)
"Blind" mit einem Auto über die Kreuzung preschen: "Duft der Fraien“ (Martin Brest, 1992)
Ein Altersheim gibt sich als "Heimstätte", indem ein zufriedenes Paar älterer Leute gezeigt wird: „An ihrer Seite“ (Sarah Polley, 2006)
Ein Mann erweist sich als unfähig, einen Auftrag zu erfüllen, d.h. ein Kind abzuholen: „Der achte Tag“ (Jaco van Dormael, 1996)

Drehbuch und Regie haben es darauf abgesehen, aus krankheitsbedingten, bizarren Momenten Kapital zu schlagen:
„Es gibt Demente, die in den Kühlschank pullern. Er kriegt das gar nicht mit. Er schlafwandelt.“ So im Film selbst. Den Extras entnimmt man, dass Schweiger sich unsicher war, weil die Szene zu grotesk ist. Im Kino gab es Beifall dafür „Es war die Szene, in der am meisten gelacht wurde." Der „komische Alte“ als grotesker Gag-Produzent. Würde Till Schweiger seine Unsicherheiten umsetzen, könnte er vielleicht sogar "arthausige" Filme abliefern.

Til Schweiger und der Umgang mit behinderten Menschen ist ein Kapitel (deutscher Filmgeschichte) für sich.

Schlaglichtartigt beleuchten Schweigers Kommentare zum Informationsgehalt von "Honig im Kopf", mit welchen Intentionen er diese einsetzt:

"Wir haben uns Szenen ausgedacht, aber die sind passiert. Wir haben nämlich mit Pflegern von Demenzheimen gesprochen. Wir haben sie aufgefordert Geschichten zu sammeln, wo Demente irgendwas gemacht haben, das wir für den Film gebrauchen können. Wir haben dann die Listen abgegriffen bis wir gesagt haben: Oh, das kann durchaus sein…. Unter anderem kam dieser Spiegel, der kam von so einer Liste.“
Gemeint ist die Szene, wie Amandus beim Zähneputzen in den Spiegel schaut und sich fragt: „Wer ist das denn?“ - „Wir haben uns die künstlerische Freiheit genommen und diese Geschichten auf den Amandus Charakter projeziert.“ (1:51:49)

In Schweigers Erfolgsrezptur für Filme, in denen Krankheit und Behinderung eine Hauptrolle spielen, bestehen diese aus "Episoden". Man stellt - am richtigen Ort nachgefragt - Listen davon auf. Man gleicht diese mit Erfolg (Lachen) versprechenden Episoden des Films ab (künstlerische Freiheit). Das Publikum darf sogar mitentscheiden, welche Episode passt.
Schweiger lässt es sich aber auch nicht nehmen, direkt über Krankheit zu informieren. Dazu werden medizinische Experten und der Patient selbst befragt. Erstere ist in "Honig im Kopf" ein Pädiater. Er muss ganz allgemein wissen, was eine Alzheimer Krankheit ist. Wichtiger ist, dass er es dem Publikum in einfanchen Kinderworten und - bildern erj´klären kann. Der Patient steuert die subjektive Empfindung bei: Honig im Kopf. Heureka der Filmtitel. Die Gefahr besteht, dass solche Schlagworte sich als authentische Beschreibung festsetzen. Ungeprüft bleibt, dass dies mit medizinischem Recht erfolgt. Der Satz kann aus der Geckküche der Schweiger-Truppe stammen. Er kann das Empfinden eines Patienten wiedergeben. Er kann Folge eines totalen Missverständnisses sein.
Haften bleibt dem Zuschauer ausser dem Schlagwort die kindliche Erklärung, die Funktionsstörungen der Krankheit wirkten sich wie das Umfallen, Verschwinden, Wiedereinstellen von Büchern in eine Bibliothek aus. Das Bild mag stimmen. Einfach zu begreifen ist es auf jeden Fall. Schweiger sucht Metaphern für Krankheitssymptome. Er hat dafür das treffende Gefühl wie für Filmtitel. Ob dies Gefühl sich auch von der medizinischen Realität leiten lässt?


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