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Title Nebel im August
Originaltitle: Nebel im August
Regie: Kai Wessel
Darsteller: Ivo Pietzcker, Sebastian Koch, Fritzi Haberlandt, Henriette Confurius, Jule Hermann, Max Witt Branko Samarovski
Erscheinungsjahr: 2016
Land: Deutschland, Österreich
Stichwort: Epilepsie, epileptischer Anfall, Anfälle, Euthanasie
Release: 00.00.0000

Empfehlungen
Selbstbehauptung

Handlung
Der 13jährige Ernst Lossa wird 1943 in die Heilanstalt Irsee eingewiesen. Ihm fehlt nichts. Angeblich ist er aufsässig und ist deswegen schon von Heim zu Heim verlegt worden. Seine Mutter ist tot. Der Vater, ein Hausierer, darf den Jungen nicht zu sich nehmen, weil er keinen festen Wohnsitz hat und als „Zigeuner“ diskriminiert wird. Lossa erkennt bald die tödliche Gefahr, die der Aufenthalt in Irsee, einer Euthanasie praktizierenden Anstalt bedeutet. Er hilft seinen gleichaltrigen Leidensgenossen u.a. Kindern mit Epilepsie und fällt der Rache des Anstaltsleiters Dr. Walter Veithausen zum Opfer, als er diesen als Mörder entlarvt und anprangert.


Weitere Info
Nach dem Roman von Robert Domes, Nebel im August. Die Lebensgeschichte des Ernst Lossa's, München 2008 ; siehe dazu: http://www.robertdomes.com/nebel-im-august/making-of/ ;siehe auch: http://nebelimaugust.de/#home
Dokumentation dazu: https://www.youtube.com/watch?v=qWVAKnfPSQY
(siehe auch unten Hinweis auf die TV-Dokumentation auf Sky.)

Im Mittelpunkt des Films steht das Schicksal Ernst Lossas (1.11.1929 – 9.8.1944) Geboren 1929 in Augsburg, mit vier Jahren seinen Eltern weggenommen und in ein Heim gebracht, Mai 1943 in die Heilanstalt Kaufbeuren/Irsee, einem ehemaligen Benediktinerkloster, verlegt, im August 1944 ermordet. Ernst gehört der Bevölkerungsgruppe der „Fahrenden“, auch Jenischen genannt, an. Den Zigeunern gleichgestellt, wurden sie im Dritten Reich diskriminiert und verfolgt.
„Als er (Lossa) nach Kaufbeuren kam, wurde dort bereits gemordet. Von über 70.000 Opfern, die im Rahmen der sogenannten Aktion T4 im Sprachgebrauch der Nazis „euthanasiert“, das heißt zumeist vergast wurden, stammten 684 aus Irsee. Nach Einstellung dieser „Aktion“ begann, was Historiker die „wilde Euthanasie“ nennen: Über das Morden entschieden nun die Anstalten allein.“
Die Rekonstruktion der Fakten in Dokumentation, Jugendroman und Spielfilm erscheint als höchjst verdienstvoll:
„Das gilt für den langjährigen Direktor des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren, Michael von Cranach, der die Geschichte seiner Klinik im Nationalsozialismus aufgearbeitet hat, ebenso wie für den Journalisten Robert Domes, der auf Cranachs Anregung hin den Fall Ernst Lossa recherchiert und einen ausgezeichneten Jugendroman über ihn geschrieben hat, hart an den Fakten und nur dort mit den Mitteln der Vorstellungskraft arbeitend, wo die Quellen schweigen.
Man muss das wissen, bevor man sich ein Urteil über „Nebel im August“ zu machen versucht, Kai Wessels Verfilmung von Domes’ gleichnamigem Buch, die jetzt in die Kinos kommt. Es ist schwer, die Geschichte des Ernst Lossa zu erzählen, aber es verdient auch jeder Respekt, der es versucht. Denn er trägt dazu bei, dass wir, mit den Worten Uwe Johnsons, wenigstens in Kenntnis leben.“
https://www.welt.de/kultur/kino/article158417450/Die-unertraegliche-Einsamkeit-des-Ernst-Lossa.html
Das Schicksal eines der vielen tausend jungen Opfern des Euthanasieprogramms des NS-Staates wird idealisierten und mit fiktiven Personen „angereicherten“ (siehe Filmabspann). So bedenklich dieses Vorgehen auch angesichts der unsäglichen Realität ist, es wird doch informativ, anschaulich und nachdrücklich der „Mechanismus“ der Diskriminierung, Unterwerfung und Vernichtung gezeigt.
In anrührenden Episoden, in denen die Beziehungen der Anstaltskinder, des Personals und der direkt Verantwortlichen dargelegt werden, wird die ganze Grausamkeit und die perverse Logik des Programms deutlich.
Opfer, Mitläufer und Mörder werden konkret benannt. Die unterschiedlichen Motive werden differenziert dargestellt. Am Beispiel des Anstalts-arztes und –leiters werden vordergründig „moralische“ Motivierung der Täter und ihre maskierten verbrecherische Antriebe aufgezeigt. Die tragische weil so einsichtigen Gründe der Mittäterschaft wird ebenfalls deutlich.
Dreimal ereignet sich ein epileptischer Anfall in Form eins Grand mal-Anfalls, jedesmal bemerkenswert undramatisch und der Realität sich annähernd von den kindlichen Schauspielern dargestellt. In diesen Szenen scheinen sowohl die vorgeschobenen Gründe der Euthanasie als auch die hilflose Unschuld ihrer Opfer auf. Besonders wirkungsvoll sind die beiden Anfälle von Ernsts (fiktiver) kleinen Freundin Nandl. Das Opfer möge erlöst werden ist ein dabei denkbarer Gedanke, der zugleich einer Person gilt, die nicht nur zum höchsten Gute eines jungen Menschen – seinerseits als „unwert“ abgestempelt – wird, und dem Filmbesucher auch so erscheint. Schliesslich ist sie es, die den Traum einer realen Erlösung in „Amerika“ durch das eigene Opfer durchsetzt.
Schliesslich verkörpert Nandl das Schicksal vieler Euthanasie- und Vernichtsungsopfer, denen Epilepsie zum Verhängnis wurde.

Zur Rekonstruktion der Fakten:
Direktor Michael von Cranach. Der Psychiater kam 1980 nach Kaufbeuren. Er fand Hunderte Krankenakten getöteter Patienten im Anstaltsarchiv und wurde so auf Lossas Geschichte aufmerksam.
„Die "Aktion T4" war zu dieser Zeit auch in der Allgäuer Anstalt beendet, an ihre Stelle trat die dezentrale Euthanasie: Man ermordete die Patienten direkt vor Ort. In Kaufbeuren entwickelte Anstaltsdirektor Valentin Faltlhauser die sogenannte E-Kost: Gemüsereste wurden so lange zerkocht, bis sie keinerlei Nährstoffe mehr enthielten. Die Patienten verhungerten praktisch beim Essen oder fielen, stark geschwächt, Infektionskrankheiten zum Opfer.“
………..
„Die Nachkriegsgesellschaft interessierte sich immer weniger für die Morde an Behinderten. So dauerte es Jahrzehnte, bis das volle Ausmaß des NS-Euthanasieprogramms ans Licht kam - und Schicksale wie das von Ernst Lossa erzählt werden können.“
Mehr zum Thema sehen Sie in der TV-Dokumentation "Hitlers vergessene Opfer - Euthanasie im Dritten Reich" am Montag, 26. September 2016, ab 22 Uhr auf SPIEGEL Geschichte bei Sky.
Mehr zum Thema sehen Sie in der TV-Dokumentation "Hitlers vergessene Opfer - Euthanasie im Dritten Reich" am Montag, 26. September 2016, ab 22 Uhr auf SPIEGEL Geschichte bei Sky.
http://www.spiegel.de/einestages/euthanasie-programm-der-nazis-der-tod-von-ernst-lossa-14-a-1113550.html

„Amalie Speidel ist heute 85 Jahre alt, lebt in Backnang und ist froh, dass die Geschichte ihres Bruders jetzt verfilmt wurde.
Nach dem Tod der Mutter kam sie mit ihrer Schwester Anni und dem Bruder Ernst in ein Kinderheim. Wie diese Zeit war, als noch alle drei Geschwister zusammen waren, daran erinnert sie sich im Gespräch mit Landesschau-Reporterin Kerstin Raddatz:“
http://www.swr.de/landesschau-bw/kinofilm-nebel-im-august-die-schwester-von-ernst-lossa-erinnert-sich/-/id=122182/did=17985764/nid=122182/z5hdha/index.html

siehe auch ausführlich mit Unterrichtshilfen:
http://www.nebelimaugust.de/images/content/schule/pdf/Viki-Filmheft-Nebel_im_August.pdf

https://www.randomhouse.de/content/download/schulbus/domes_nebelimaugust.pdf



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